Zurück Interdisziplinäres Forum »Jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit und im Übergang zur Moderne«
 

Bericht über die 1. Tagung, 11.–13. Februar 2000

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Mit dem Titel der erstmals im Februar 2000 in der Evangelischen Akademie Mülheim an der Ruhr durchgeführten Tagung unterstrichen die Veranstalterinnen zugleich ihren programmatischen Ansatz: Rotraud RIES, die soeben ein DFG-Projekt zum Akkulturationsprozeß der Hofjuden an der TU Darmstadt abgeschlossen hat, und Birgit KLEIN, Mitarbeiterin an der Germania Judaica IV in Duisburg, eröffneten mit der Tagung ein Forum für Wissenschaftler/innen, die ihre Forschungen innerhalb eines interdisziplinäres Kontextes vorstellen und diskutieren wollen und die dem Ansatz der wissenschaftlichen Methodenpluralität als erkenntnisversprechendem Zugang zu ihren jeweiligen Themen offen gegenüber stehen.

Rund 40 Wissenschaftler/innen, die zur jüdischen Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit arbeiten – Professor/innen, Forscher/innen aus dem akademischen Mittelbau und Doktorand/innen – folgten der kurzfristigen Einladung. Schon dies war ein Beweis für das Interesse und den Bedarf an einer solchen Möglichkeit zu Austausch, Diskussion und Begegnung. Sie debattierten zwei Tage lang ein breites Spektrum an Themen, Zugängen und benutzten Quellengattungen. Die Annäherung an Jüdische Geschichte und Kultur in der Frühen Neuzeit – immer noch ein eher schwach besetzter Forschungsbereich – erfolgte aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und unter einer Vielfalt von Aspekten.

Ein Teil der behandelten Themen wurde unter dem Schwerpunkt »Judaistik und Literatur« zusammengefaßt: Lucia RASPE stellte in ihrem Beitrag »Die jüdische Volkserzählung in der neueren Forschung« vor. Die mündlich überlieferte erzählende Kurzprosa aus Märchen, Sagen und Schwänken findet in jüngster Zeit verstärkt das Interesse der Forschung etwa mit Thesen, eine eigene historische Realität zu schaffen (I. Marcus) oder unbewußt christlichen kulturellen Einflüssen ausgesetzt gewesen zu sein (I. Yuval). Gleichwohl fehle es jedoch nach wie vor an einer stärkeren überlieferungsgeschichtlichen Einbettung der Erzählforschung.

Michael STUDEMUND-HALÉVY begab sich auf »Die Suche nach den exotischen Juden« und hinterfragte in einem breiten zeitlichen Bogen vom Beginn der Neuzeit bis heute anhand von Zahlenangaben, Wahrscheinlichkeitsrechnungen und historischen Quellen literarische und historische Konstruktionen über die Zahl der so genannten »Marranen«. Bereits die Inquisition begann in Portugal seit 1537 faktisch damit, Juden zu fabrizieren: Im Verhör war es jenseits der tatsächlichen konfessionellen Zugehörigkeit einfacher, das Jude-Sein zuzugeben als zu leugnen. Die Zahl der Neu-Christen wuchs also ständig. Und schließlich war das Zeugnis über (marranische) Juden in aller Welt in Reiseberichten eine wichtige Voraussetzung für das Kommen des Messias.