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Bericht über die 2. Tagung, 16.–18. Februar 2001

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Die erste wurde moderiert von Marion APTROOT (Düsseldorf), die einleitend die Bedeutung der Jiddistik als Fach, das sich mit der Sprache des gesamten aschkenasischen Judentums befasst, unterstrich. Evi BUTZER (Köln/Düsseldorf) stellte teilweise nur fragmentarisch überlieferte Purim-Spiele des 16. und 17. Jhs. mit Überlegungen zur performativen Situation, zum Verhältnis dieser Texte zum jüdischen Alltagsleben und zur Art der Komik, die auf der drastischen Überzeichnung von Normverstößen beruht, vor. Simon NEUBERG (Trier) befasste sich mit dem zu Beginn des 18. Jhs. in zwei Bänden gedruckten, wirkmächtigen Sammelwerk Simchass ha-Nefesch (Lieder, volkstümliche Erzählungen, predigtähnliche Didaxe) und seinem Autor, dem Rabbiner Henle Kirchhan. Auch die Sprachgeschichte (Ist aus dem Befund, dass im Simchass ha-Nefesch nur von der weiblichen Schabbes-Goje die Rede ist, zu schließen, dass diese Tätigkeit zunächst ausschließlich von Frauen ausgeübt wurde?) und die Kodikologie (Beteiligung zweier Setzer am ersten Band) wurden dabei berücksichtigt. Schließlich präsentierte Marion APTROOT »Parnassim und Patrioten. Jiddische Streitschriften aus der batavischen Republik« des ausgehenden 18. Jhs. Der Konflikt zwischen oranientreuen, traditionsbewußten Amsterdamer Juden auf der einen und den Anhängern aufgeklärter Bestrebungen auf der anderen Seite führte für gewisse Zeit zu einer Gemeindespaltung und fand seine Bühne v.a. in einer umfangreichen und intensiven publizistischen Auseinandersetzung. Beide Parteien wählten dafür auf Schiffen und in Gasthäusern spielende, im Amsterdamer Jiddisch geführte Streitgespräche (Diskuhrsen).

Zwei Vorträge der Sektion »Methoden und Perspektiven« fielen leider aus, so dass hier allein Jürgen HEYDE (Warschau) referierte. Er befasste sich mit der Bedeutung jüdischer Verwalter und Pächter für den Landesausbau in Kronpolen vom 16. bis zur Mitte des 17. Jhs., wobei er die Bedeutung der aus den Quellen nur indirekt zu erschließenden Kommunikationsnetze zwischen König, Adel und den entscheidend am Landesausbau beteiligten Juden unterstrich. Den entstandenen zeitlichen Freiraum nutzte Rotraud RIES (Herford), um aus ihren aktuellen Forschungen zu dem braunschweigisch-wolfenbüttelschen Hofjuden Alexander David (gest. 1765), dem Gründer der neuzeitlichen Judengemeinde Braunschweigs, eine Frage an das Plenum zu stellen: Welche Bedeutung könnte der im deutschen Testament des Kammeragenten enthaltenen Bestimmung zukommen, der evangelischen Kirchengemeinde in Braunschweig, in der sein Haus lag, eine nicht unbeträchtliche Stiftung zu hinterlassen, deren Zinserträge v.a. an die Pfarrer gezahlt werden sollten? Die Diskussionsbeiträge wiesen auf eine säkulare Form der memoria hin, die sich parallel zu seinem jüdischen Gedenken in Halberstadt, Frankfurt/M. und Nikolsburg als Ort für eine lokale memoria der christlichen Gemeinde »bediente«. Die kleine jüdische Gemeinde in Braunschweig schien dafür noch keine Gewähr zu bieten.